Marleen hat sich im Koordinationsbüro "Jumelage" in Kigali engagiert. In ihrem Blog beschreibt sie, wie ihre Erlebnisse in Ruanda ihre Sicht auf Dinge, die in Deutschland oder Europa selbstverständlich erscheinen, verändert haben.
Gedanken aus Marleens Blog
Weißsein in Ruanda
Was bedeutet es, Weiß zu sein, in einem Land, in dem fast ausschließlich PoC (People of Color) leben? Als weiße Frau in einem Land des Globalen Nordens habe ich mir nie viele Gedanken über mein eigenes Weißsein gemacht. Aus meiner jetzigen Perspektive wird mir bewusst, welch großes Privileg es ist, sich keine Gedanken machen zu müssen. Denn als weiße Frau in Ruanda vergeht kein Tag, an dem ich nicht daran erinnert werde, wie anders ich aussehe als die meisten Menschen hier.
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie herausfordernd es ist, PoC in einem Land des globalen Nordens zu sein, wo mit diesem Gefühl, auf ein bestimmtes Merkmal reduziert zu sein, auch noch sämtliche Rassismen und negative Assoziationen mitschwingen und man sich dem keinen einzigen Tag entziehen kann.

Europäische Privilegien erkennen
Viele Menschen in Ruanda erwarten von Weißen, dass wir alle unermesslich reich sind – ein Bild, das ironischerweise komplementär zum verbreiteten europäischen Blick auf Afrika ist: als ein Kontinent, auf dem nur Armut und Konflikte bestünden. Und so sehr ich versuche, mich gegen diese einseitige Erzählung zu wehren, muss ich doch eingestehen, wie viele Privilegien ich genieße. Hier lebe ich in einem Haus, das bei weitem größer und komfortabler ist als jedes WG-Zimmer und habe ein "Taschengeld", das höher ist als das Einkommen der meisten Menschen in Ruanda – und das, obwohl ich kein abgeschlossenes Studium, ja nicht einmal eine richtige Ausbildung habe. Einzig meine Herkunft ist der Grund für diese Privilegien.